Über die Bedeutung der Muskulatur weiß schon der Volksmund so Manches zu berichten, was die moderne Wissenschaft und Sportmediziner nur bestätigen können: „Mensch, beweg‘ Dich!“ „Bewegung – ein menschliches Grundbedürfnis!“ „Wer rastet, der rostet“. Was bleibt unbenutzt, das vergeht“. Im Englischen auf die treffende Kurzformel gebracht: „Use it or lose it“. Und in der Tat: der Weg zu einem gesunden Stoffwechsel, einem gesunden Skelett und einem gesunden Gehirn führt über eine kräftige und trainierte Muskulatur. Umso verstörender dann die Botschaft in den Medien dieser Tage zur aktuellen Gesundheitslage der Nation: „Deutschland isst immer ungesünder und bewegt sich immer weniger“! Logische Konsequenz hieraus: Übergewicht, Adipositas und Diabetes sind immer weiter auf dem Vormarsch!
Über 600 willkürliche, also bewusst kontrollierbare und damit nutzungsbereite Skelettmuskeln verfügt unser Körper. Zusammengenommen machen sie etwa 40 % des Körpergewichts aus. Zusammen mit Knochen, Gelenken, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Schleimbeuteln und Bindegewebe firmieren sie als unser Bewegungsapparat, auch muskuloskelettales System genannt. Ob nun Kraft oder Feinmotorik gefragt sind: vom Gehirn und Nervensystem ausgehend wird jede Bewegung unseres Körpers erst durch die Ingangsetzung der Muskulatur ermöglicht, auch wenn wir nur selten bewußt über den Einsatz unserer Muskulatur nachdenken. Dabei wären Nachdenken über den gesundheitlichen Nutzen von Bewegung und die Notwendigkeit von Pflege und Training der Muskulatur mehr als angebracht.
Gut trainierte Muskulatur schützt vor Insulinresistenz und Diabetes
Der Schlüssel zur langfristig erfolgreichen Gewichtskontrolle sowie zur Aufrechterhaltung guter Stoffwechselfunktionen liegt in einer gut ausgebildeten und regelmäßig trainierten Skelettmuskulatur. Was schon die griechischen Ärzte der Antike ahnten, kann die moderne Stoffwechselmedizin nur bestätigen: Muskeltraining verbessert die Aufnahme von Zucker aus dem Blut in die Muskelzellen zur dort vorgesehenen Verbrennung und Energiegewinnung. Neben dem Gehirn werden die mit der Nahrung aufgenommenen Kohlenhydrate fast ausschließlich in der arbeitenden Skelettmuskulatur verbrannt. Entscheidende Voraussetzung hierfür ist aber ein wirksames Insulinsignal an der Oberfläche der Muskelzellen, das bei Übergewichtigen, Adipösen und Typ 2-Diabetikern mit sog. Insulinresistenz nur schwach erfolgt oder ganz ausbleibt. Muskeltraining kann diese Insulinresistenz weitaus besser als Medikamente durchbrechen, also das Ansprechen der Muskelzellen auf Insulin wieder verbessern, und somit für eine bessere Zuckerverwertung und ein Absinken überhöhter Zuckerwerte im Blut sorgen.
Ohne Muskeltraining sind Osteoporose und Stürze vorprogrammiert
Die Mehrzahl unserer Skelettmuskeln agieren entlang oder in unmittelbarer Nachbarschaft zu großen und kleinen Knochen sowie Wirbelkörpern, wo sie über Bänder und Sehnen bei jeder Bewegung entlang der Schwerkraft enorme mechanische Belastungen am Knochen bewirken. Und genau diese Signale aus der Muskulatur werden über fein justierte Bewegungsmelder an die für Knochenneubildung zuständigen Zellen im Knochen weitergeleitet. Mechanische Belastung des Knochens durch die arbeitende Skelettmuskulatur ist somit eine der wesentlichen Voraussetzungen für die ständige Anpassung und Erneuerung des Knochens hin zu einem tragfähigen, belastbaren Skelett. Neben der Schutzwirkung vor Osteoporose ist muskuläres Training aber auch entscheidend für eine gute körperliche Balance, ein flüssiges Bewegungsmuster, Sturzvorbeugung, Gelenkschutz und Wirbelsäulenentlastung. Neueste Forschungsergebnisse zeigen nun auch noch, daß nur arbeitende Muskeln und bewegte Knochen Botenstoffe an das Gehirn addressieren, die dort Sättigungssignale auslösen. Menschen, die überwiegend sitzen und sich selten bewegen, senden solche Signale kaum, sondern verspüren ständig Appetit, mit den Folgen von Übergewicht und Verfettung.
Die Achse Muskulatur – Gehirn – Psyche – Lebensqualität
„Bewegung macht nicht nur stark, sondern auch glücklich“, wissen erfahrene Sportpädagogen und Fitnesstrainer. Bereits flottes Spazierengehen, aber auch jede Form von moderatem Krafttraining, setzt aus der Muskulatur sogenannte Myokine und Endorphine frei, die über das Blut zum Gehirn transportiert werden und dort positive Veränderungen der Gehirnbotenstoffe (Neurotransmitter) auslösen. Nicht nur antidepressive und angstlösende Effekte, sondern auch streßabbauende und schlaffördernde Wirkungen sind wissenschaftlich nachgewiesen. Kurzum: Menschen, die an und mit ihrer Muskulatur arbeiten, sind zufriedener, psychisch stabiler, positiver eingestellt und weisen eine höhere Lebensqualität auf. Doch damit nicht genug: Fitneß- und Muskeltraining gelten heute als wesentliche Elemente in der Tumorprävention und Tumornachsorge, zur Stabilisierung des Immunsystems bei Autoimmunerkrankungen, zur Kontrolle schleichender Entzündungen im Körper sowie bei der Verzögerung von Gehirnabbauerkrankungen (M. Alzheimer, M. Parkinson).
Muskeln brauchen Pflege: Wie pflegt man seine Muskulatur?
Schonendes, dosiertes und regelmäßiges Training unter Vermeidung von Überlastungen und Verletzungen bildet die Basis für den Erhalt und einen guten Funktionszustand der Muskulatur. Ausdauer-, Kraft- und Gleichgewichtstraining sollten hierbei in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Alle dazu relevanten Übungen können mit dem eigenen Körper und einfachen Hilfsmitteln (Hanteln, Gewichte, Expander, Gummiband, Tubings) umgesetzt werden und erfordern keineswegs ein Dauerabonnement im Fitnessstudio. Anfangs empfiehlt sich jedoch die Anleitung durch einen Fitnesscoach oder Personal Trainer, um das gewünschte Übungsprogramm korrekt zu erlernen und zu verinnerlichen. Bei der Ernährung sollte auf eine gute Eiweiß- und Mikronährstoffversorgung, insbesondere aus hochwertigen pflanzlichen Quellen, geachtet werden. Eine gute Versorgungslage mit Vitamin D3 und Omega-3-Fettsäuren kann den Trainingserfolg zusätzlich unterstützen und wichtige biochemische Abläufe in den Muskelzellen bahnen. Wie formulierte es einmal ein bekannter Pharma-Tycoon: „Hätten wir alle die positiven Wirkungen eines Muskel- und Fitnesstrainings in einer Pille, wäre es die meistverkaufte Pille aller Zeiten – und ich mit meiner Firma Billionär“!